Warum wurde Jerusalem zerstört?

Quelle: https://escapetoreality.org/2014/01/27/why-did-jerusalem-fall/


Ist schon einmal jemand zu dir gekommen und hat gefragt: „Was meinst du, warum Jerusalem im Jahr 70 n. Chr. zerstört worden ist?“ Wahrscheinlich ist das dir noch nie passiert. Aber es spricht für die Kreise, in denen ich mich bewege, dass mir diese Frage oft gestellt wird – wahrscheinlich, weil ich in letzter Zeit über Gottes Zorn geschrieben habe.

Falls es an dir vorübergegangen ist, die Geschichte von Jerusalems Fall ist wie folgt: Die Juden erhoben sich im Jahr 66 n. Chr. gegen ihre römischen Besatzer. Im Jahr 68 n. Chr. wurde der römische Feldherr Vespasian entsandt, um den jüdischen Aufstand niederzuschlagen. Im Jahr 69 n. Chr. kehrte Vespasian nach Rom zurück, um der neue Cäsar zu werden, und im Jahr 70 n. Chr. belagerte sein Sohn Titus Jerusalem und zerstörte die Stadt vollständig. Der Fall von Jerusalem ist eine schreckliche Geschichte, über die man bei Josephus (oder Wikipedia) nachlesen kann.

Aber die Frage, die uns heute beschäftigt, lautet: Warum? Warum wurde diese schöne und wichtige Stadt so brutal zerstört?

War Jerusalems Fall Gottes Zorn in Aktion? Bestrafte Gott Jerusalem für seine Sünden? Benutzte Gott die Römer, um sich für die Kreuzigung seines Sohnes zu rächen?

Wenn du dich nicht für diese Fragen interessierst, solltest du dir das Archiv von »escapetoreality.org« ansehen und etwas anderes zum Lesen finden (englisch). Oder schau dir meine neuesten Buchrezensionen an.

Aber wenn du interessiert bist, hier meine Gedanken zu den verschiedenen Erklärungen.

Bestrafte Gott Jerusalem für seine Sünde?

Gütiger Himmel, nein. Wenn er es getan hätte, dann wäre die folgende Aussage über Jesus Werk am Kreuz nicht wahr:

Wenn Gott Jerusalem wegen seiner Sünde zerstört hat, dann ist

(a) die Bibel unzuverlässig,

(b) Jesus Werk bleibt unvollendet,

(c) Gott ist im Strafvollzug von Sünde tätig und

(d) deine Stadt könnte die nächste sein.

Das sind rundum schlechte Nachrichten. Glücklicherweise verkündet die gute Nachricht, dass Gott am Kreuz die Sünde ein für allemal verurteilt hat (Römer 8,3).

Hat Gott kräftig Vergeltung nach dem »Alten Bund« ausgeteilt?

Sünder zu bestrafen ist eine sehr alte Bundesangelegenheit. Es ist etwas, das mit dem von den Juden hoch geachteten Gesetzesbund zusammenhing. Nach diesem Bund wurden die Juden gesegnet, wenn sie Gutes taten, und verflucht, wenn sie Böses taten. Könnte es sein, dass der Alte Bund nach dem Kreuz weiterlebte? Könnte es sein, dass es nach dem Kreuz zwei Bündnisse gab, die nebeneinander beachtet wurden? Könnte es sein, dass der Alte Bund erst mit dem Höhepunkt von Jerusalems Zerstörung endete?

Der Hebräerbrief scheint dies anzudeuten, denn er beschreibt den Alten Bund als veraltet und ausgedient (Hebräer 8,13), als gäbe es eine Überschneidung zwischen dem Alten und dem Neuen Bund. Noch 40 Jahre nach dem Opfertod Jesu brachten die Juden weiterhin Tieropfer dar. Dieser Brauch endete erst, als Titus den Tempel zerstörte. Da die Juden immer noch an den Ritualen des Alten Bundes festhielten, handelte Gott gerecht, wenn er sie für ihre Sünden bestrafte.

Aber das glaube ich nicht.

Die religiösen Juden mögen so weitergemacht haben, als hätte sich nichts geändert, aber Jesus Tod am Kreuz hat alles verändert. In dem Augenblick, als er starb, zerriss Gott den Vorhang des Tempels, um uns zu zeigen, dass er mit dem alten, todbringenden Dienst des Gesetzes fertig war. Am Abend, bevor Jesus zum Himmel zurückkehrte, sagte er, dass die neue Botschaft der bedingungslosen Vergebung überall gepredigt werden sollte, „beginnend in Jerusalem“ (Lukas 24,47).

Es lohnt sich, das zu wiederholen: Der neue Bund, der in Jesus Blut geschmiedet wurde, war nicht nur für die Heiden, er war für alle überall, aber er war besonders für die Juden in Jerusalem. Jesus sagte es.

Bis zum heutigen Tag halten sich einige Juden an das Gesetz, aber am Kreuz hat Jesus das Gesetz für uns alle erfüllt. Den Tod, den das Gesetz mit sich bringt, hat Jesus für alle geschmeckt, für Juden und Heiden gleichermaßen (Hebräer 2,9). Dass Gott weiterhin mit den Juden unter den Bedingungen des überholten Bundes der Beachtung des Gesetzes in Beziehung steht, ist gleichbedeutend mit der Aussage, Jesus sei nicht für die ganze Welt gestorben.

Bestrafte Gott Jerusalem dafür, dass es seinen Sohn gekreuzigt hatte?

Der ehrwürdige viktorianische Gelehrte Adam Clarke behauptet, dass die Zerstörung Jerusalems die göttliche Vergeltung für die Tötung von Jesus war:

Ebenso bemerkenswert ist es, dass kein einziger Jude entkommen ist! Alle fielen entweder durch das Schwert, starben vor Hunger oder wurden in die Gefangenschaft geführt! Aufgrund ihres eigenen Fluches, sein Blut sei über uns und unseren Kindern, hat Gott sie heimgesucht und das unschuldige Blut Christi an ihnen und an ihren Nachkommen gerächt. Und sie sind bis heute ein Erinnerungsmal seines Missfallens.

Seit 2000 Jahren werden die Juden verfolgt, weil sie sich mit Pilatus verschworen haben, um Jesus zu kreuzigen. Als Vergeltung dafür wurden sie aus ihren Ländern vertrieben, ausgebeutet, misshandelt und von bösen und rassistischen Menschen in Gaskammern getötet.

Aber Gott ist kein Antisemit! Als er am Kreuz starb, sagte Gottes Sohn: „Vater, vergib ihnen!“, und der Vater tat es sicherlich.

Wenn Gott die Juden dafür bestraft hat, dass sie Jesus gekreuzigt haben, dann sind Vater und Sohn sich nicht einig. Aber Gott hat sie nicht bestraft, und Vater und Sohn sind sich einig. Jesus sprach aus dem Herzen des Vaters, das uns allen Gnade und Vergebung schenken will, auch den Schlimmsten unter uns.

„Aber hat Paulus nicht gesagt, dass die Juden den Herrn Jesus getötet haben?“

Das hat er (1. Thessalonicher 2,15). Aber Paulus hat nicht aus Rachsucht gesprochen. Sein Herz war nicht auf Vergeltung, sondern auf Versöhnung ausgerichtet. Er wusste, dass seine Landsleute fehlgeleitet waren, weil sie die Gnade verachteten, aber anstatt sie zu verurteilen, wollte er mit ihnen den Platz tauschen. Er wünschte, dass er verflucht würde, damit sie, – die Jesus gekreuzigt hatten – gerettet würden (Römer 9,3).
Paulus war voller Gnade denen gegenüber, die Jesus getötet hatten, aber Gottes Gnade ist noch größer. Es ist undenkbar, dass derjenige, der auf dem Thron der Gnade sitzt und uns mit Gnade über Gnade überschüttet, die Nachkommen Abrahams auf diese Weise bestrafen würde.

Was ist mit der Prophezeiung von Jesus?

Als er sich Jerusalem näherte und die Stadt sah, weinte (Jesus) über sie und sagte:

Jesus weinte, weil er die Zerstörung Jerusalems voraussah. Er sagte, Jerusalem sei dem Untergang geweiht, weil die Juden „die Zeit der Zuwendung“ nicht erkannt und nicht angenommen hätten, „was zum Frieden führt“. Er sprach von sich selbst. Jesus ist der Friedensfürst, der den Frieden bringt. Wenn die Juden ihn und sein Evangelium des Friedens angenommen hätten, wären sie 40 Jahre später nicht von den Römern vernichtet worden.

Jesus sagte: „Liebt eure Feinde“, aber die Juden hassten ihre Feinde. Jesus sagte: „Betet für die, die euch verfolgen“, aber die Juden waren nicht daran interessiert. All das Gerede darüber, die andere Wange hinzuhalten und die Extrameile zu gehen, war an ihnen verloren. Sie verlangten nach einem schwertschwingenden Messias, nicht nach einem friedensstiftenden Retter.

Damit, dass sie Jesus kreuzigen ließen, zeigten die religiösen Juden, dass sie mehr als bereit waren, sich auf die von den Römern praktizierte Politik der Gewalt einzulassen. Sie waren nicht an einem neuen Reich interessiert, das auf Liebe und Vergebung aufbaut. Sie waren von Hass und Machtgier getrieben. Und es war diese Haltung, die Jesus nur zu gut kannte, die ihnen später Schwierigkeiten bereitete.

Was ist mit Jesus anderen Prophezeiung?

In Matthäus 24 gibt Jesus eine Reihe von Prophezeiungen, von denen sich einige auf die bevorstehende Zerstörung des Tempels in Jerusalem beziehen:

Wie in seiner Prophezeiung aus Lukas 19 sagte Jesus die Zerstörung Jerusalems sehr konkret und präzise voraus. Er war sogar so genau, dass diejenigen, die auf seine Worte hörten, die herannahende Gefahr erkannten und sich in Sicherheit brachten. Aber nichts in Jesus Prophezeiung deutet darauf hin, dass die Zerstörung Jerusalems Gottes Zorn in Aktion sein würde. Der einzige Schaden, der dem Tempel zugefügt wurde und der eindeutig auf göttliches Einwirken zurückgeführt werden kann, war das Zerreißen des Vorhangs (Matthäus 27,51), und das geschah 40 Jahre bevor die Römer mit ihrer Belagerungsmaschinerie anrückten.

Warum ist dann Jerusalem gefallen?

Die kurze Antwort: Die Juden sind den Römern auf die Nerven gegangen.

Jerusalem fiel nicht, weil Gott besonders zornig auf die Juden war oder weil sie mehr sündigten als die Nichtjuden oder weil einige von ihnen an Jesus Kreuzigung beteiligt waren. Jerusalem fiel, denn wenn du die Dinge zurückweist, die dir Frieden bringen, hast du am Ende keinen Frieden. Indem sie den Friedensfürsten und seine Friedensbotschaft ablehnten, ernteten die Juden Schwierigkeiten. Wie könnte es auch anders sein?

Jesus sagte, dass die Juden ernten würden, was sie gesät hatten, und das taten sie auch. Die Juden zerrten am Schwanz des römischen Tigers und ernteten die Folgen. Ende der Geschichte.

Was herumgeht, kommt herum. Wenn du in ein Hornissennest stichst, wundere dich nicht, wenn du gestochen wirst. Und wenn du einen Streit mit deinem Chef anfängst, wundere dich nicht, wenn du gefeuert wirst. Du kannst den Hornissen oder deinem Chef oder deiner eigenen Dummheit die Schuld geben, aber was du nicht tun kannst, ist, Gott die Schuld in die Schuhe schieben. Wenn man Unruhe sät, wie es die Juden taten, sollte man sich nicht wundern, wenn man Ärger erntet. Säen und Ernten ist ein universelles Prinzip.

Gott tat alles, was er konnte, um den selbstverschuldeten Untergang der Juden zu stoppen. Durch seinen eigenen Sohn besuchte er sie persönlich und warnte sie. Und als sie ihn kreuzigten, vergab er ihnen und zeigte, dass seine Botschaft von Anfang bis Ende bedingungsloser Frieden und Gnade war.

Die anschließende Zerstörung Jerusalems hatte alles mit ihrer eigenen Widerspenstigkeit zu tun und nichts mit Gottes Zorn.

„Aber Paul, du hast überhaupt nichts über 1. Thessalonicher 2,14-16 gesagt.“

Ich habe mich gefragt, wann du nach dieser Schriftstelle fragen würdest. Ich spreche diese Schriftstelle in meinem nächsten Beitrag an. (Mehr über Jerusalems Fall findest du in meinem Buch »AD70 and the End of the World«)



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